DER ARGANBAUM


Für die Berber ist der Arganbaum ihr „Lebensbaum“. Er versorgt die Familien mit nahezu allem, was sie benötigen: Holz als Brennstoff und als Gerüst für ihre Lehmhäuser, Früchte und das begehrte Arganöl als hochwertiges Lebensmittel, als Pflege für Haut und Haare und als Medizin und Heilmittel  für eine Vielzahl von Krankheiten und Verletzungen.

Der Arganbaum, auch Arganie genannt (lat. Argania Spinosa) ist ein Dornengewächs aus der Familie der Seifenbaumgewächse. Er ist historisch einmalig auf der Welt und zählt zu den ältesten Bäumen. Vor rund 25 Millionen Jahren entwickelte sich die Arganie zu einem Spezialisten für wüstenähnliche, trockene Regionen. Ihre Lebenserwartung beträgt bis zu 400 Jahre. Der Arganbaum kann in Höhenlagen bis zu 1300 Meter gedeihen und verträgt Trockenheit und Hitze bis über 50 Grad Celsius. 

Die Wurzeln des Arganbaums reichen bis zu 30 m tief in den Wüstenboden.

Etwa 20 Millionen Bäume wachsen heute noch in dieser Region, die von der UNESCO als „Biosphären-Reservat“ geschützt ist. Jeder Baum gehört dem Staat. Privatleuten, auch den Berberfamilien, werden lediglich Nutzungsrechte eingeräumt. Arganbäume zu schütteln oder gar abzuholzen ist streng untersagt. Der Arganbaum wird bis zu 10 m hoch und hat eine Krone mit einem Durchmesser von bis zu 16 m. Auf der Suche nach Wasser können sich die Wurzeln bis zu 30 m in den sandigen Boden bohren. Der Wasserbedarf ist sehr gering, Nebel und Tau reichen für den Baum oft aus, um zu überleben. Lange Dornen schützen ihn vor Tierfraß. Nur Ziegen haben gelernt auf den Baum zu klettern und die Blätter und Früchte zu fressen, die natürlich leckerer sind als das trockene Wüstengras. 

ARGANFRUCHT UND BLÜTE ZUGLEICH


Im Januar treiben neue Zweige und setzen neue hellgelbe Blüten an, aus denen sich im Laufe der Monate die Arganfrucht entwickelt. Die Frucht ähnelt in ihrer Form Oliven oder gelben Pflaumen. Im Inneren des bitteren Fruchtfleisches befindet sich ein Kern etwa von der Größe einer Haselnuss mit einer extrem harten Schale. Der Kern enthält die begehrten, ölhaltigen kleinen Samen in Form kleiner Mandeln von der Größe eines Sonnenblumenkerns. Aus diesen „Mandeln“ wird das kostbare Arganöl in mühevoller Arbeit von Hand gewonnen.

In besonders trockenen Regionen trägt der Arganbaum nur alle zwei Jahre Früchte. Mehr Kraft kann er aus den kargen Böden am Rande der Sahara nicht ziehen. In extremen Trockenzeiten kann die Arganie auch schon mal ganz auf Früchte und Blätter verzichten und ihr Wachstum einstellen – notfalls jahrelang. Erst neue Niederschläge erwecken sie wieder zum Leben. Sobald es regnet, treibt sie innerhalb weniger Tage wieder Blätter und Blüten und später auch Früchte. Eine perfekte Überlebensstrategie.

Ein einziger Baum kann in guten, regenreichen Jahren auch bis zu drei Generationen Blüten und Früchte in unterschiedlichen Reifegraden zur gleichen Zeit tragen. 

DIE ERNTE - EINE DORNIGE AGELEGENHEIT


Die Ernte der Arganfrüchte ist mühsam, weil die Arganie nicht wie ein Olivenbaum geschüttelt werden darf, denn bei einem gleichzeitigen Bestand an Früchten und Blüten, würden die Blüten mit abfallen und damit die nächste Ernte gefährden. Da die scharfen Dornen der Äste eine Handlese direkt vom Baum verhindern, warten die Berberfrauen, bis die Früchte von selbst zu Boden fallen und lesen sie dann auf. Dabei ziehen die Frauen während der Erntezeit oft mehrere Tage mit Eseln und Körben durch die Arganhaine.

Die Früchte werden anschließend in der Sonne getrocknet und später vor Sonnenstrahlen geschützt trocken eingelagert. Während der Haupterntezeit der Früchte zwischen Juli und September ist die Arganeraie für die Beweidung gesperrt.

Bei fachgerechter Lagerung bewahren die Früchte über 5 Jahre ihre Haltbarkeit. Auf diese Weise kann das handgepresste Arganöl, anders als z.B. Olivenöl oder Rapsöl immer frisch, je nach Bedarf, hergestellt und gepresst werden.

Seit alten Zeiten wird gerne berichtet, dass die Berber zum Ernten ihre Ziegen auf die Bäume klettern lassen um die reifen Früchte abzufressen. Wenn die Früchte dann durch den Verdauungstrakt der Tiere gewandert seien und ausgeschieden werden, brauchten nur noch die fleischlosen Kerne aus den Kot ausgelesen und verarbeitet werden. Arganöl aus den ausgeschiedenen Kernen soll sogar besonders wirksam sein, wird berichtet. Der Wahrheitsgehalt solcher Legenden ist schwer zu prüfen. Heutzutage jedenfalls unterliegt die Herstellung strengen Vorschriften und hygienischen Kontrollen. 

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